Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 30.11.2014

1. Gesetzgebungsverfahren

1.1. Umsatzsteuerliche Änderungen durch das „Kroatienanpassungsgesetz“

(Anschluss an Punkt 2.1. unseres Rundschreibens Nr. 2/2014 vom 15.07.2014)

Zum 01.01.2015 werden EU-weit die Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronischen Diensten geändert:

Durch eine Änderung des § 3a Abs. 5 UStG wird in Deutschland der Leistungsort bei Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehleistungen und bei auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen an Nichtunternehmer vom Unternehmenssitz des leistenden Unternehmens an den Ort verlagert, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz, seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit soll eine systematisch zutreffende Besteuerung am tatsächlichen Verbrauchsort erreicht werden (Verbrauchslandprinzip).

Die Rechtsänderung ist von erheblicher Bedeutung, da insbesondere die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen ein breites Spektrum von Leistungen umfassen. Dies sind unter anderem:

  • Bereitstellung von Bildern, Musik, Filmen und Spielen, Texten und Informationen, Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen, Software;
  • Fernunterrichtsleistungen;
  • Internet-Service-Pakete

Hinweis:

Nicht unter die Neuregelung fällt die Lieferung von Gegenständen, die im Internet bestellt werden (klassische Online-Shops).

Für die betroffenen Unternehmen hat die Rechtsänderung weitreichende Folgen. Für in der EU ansässige Unternehmen waren derartige Leistungen bislang am Sitz des Unternehmens steuerbar. Künftig gelten diese Leistungen als am Verbrauchsort erbracht. Damit müsste sich der Unternehmer im Extremfall in allen Mitgliedsstaaten umsatzsteuerlich registrieren lassen und dort seine jeweiligen Umsätze erklären. Um dies zu vermeiden, kann der Unternehmer auf freiwilliger Basis an einem neuen Besteuerungsverfahren teilnehmen: dem „Mini-One-Stop-Shop“ (MOSS – auf Deutsch „KEA“ für kleine einzige Anlaufstelle“, § 18h UStG).

In Deutschland ansässige Unternehmen, welche am MOSS teilnehmen wollen, müssen dies gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anzeigen. Die Anzeige muss vor Beginn des Veranlagungszeitraums erfolgen, für den der Unternehmer erstmalig am MOSS teilnehmen will (erstmals für Veranlagungszeitraum 2015 möglich).

1.2. Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der AO an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften

Am 24.09.2014 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für ein „heimliches Jahressteuergesetz 2015“ mit der Bezeichnung „Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ bekannt gemacht.

Die wichtigsten Änderungen, die zum Teil rückwirkend bereits für 2014 gelten sollen, haben wir nachfolgend kurz für Sie zusammengestellt:

  • Eine Änderung des § 184 Abs. 2 S. 2 AO soll es den Finanzämtern ermöglichen, Billigkeitsmaßnahmen auch mit Wirkung für die GewSt auszusprechen (was der BFH abgelehnt hat); betroffen sind insbesondere Sanierungserlasse.
  • Für nach 2014 beginnende Wirtschaftsjahre soll das Teilabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG auch auf Gesellschafterdarlehen und Aufwendungen für Gesellschafterleistungen (z.B. bei Betriebsaufspaltungen) entsprechend § 8b Abs. 2 KStG für den KSt-Bereich auf Einzelunternehmen und Personengesellschaften ausgedehnt werden (Teilabzugsverbot, soweit keine fremdüblichen Bedingungen vorliegen und der Gesellschafter zu mehr als 25 % beteiligt ist oder war).
  • Der Arbeitgeber soll nach § 3 Nr. 34a EStG EUR 600,00 jährlich steuerfrei an seine Arbeitnehmer für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen zahlen können (z.B. wenn derartige Aufwendungen aus zwingenden beruflichen Gründen – etwa für außerordentliche Einsätze und Ausbildungsmaßnahmen – anfallen).
  • Zur Eindämmung der Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten als Betriebsausgaben und Werbungskosten wird der Begriff der Erstausbildung in § 4 Abs. 9 und § 9 Abs. 6 EStG definiert. Eine Berufsausbildung soll danach eine auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften geordnete Ausbildung mit einer vorgesehenen Dauer von mindestens 18 Monaten mit einer Abschlussprüfung sein. Damit wird die bisher großzügigere Rechtsprechung ausgehebelt.
  • Ebenfalls rechtsprechungsbrechend wird der Begriff „geldwerter Vorteil“ im Zusammenhang mit Betriebsveranstaltungenab 01.01.2015 durch einen neuen § 19 Abs. 1a EStG i.S. der bisherigen Verwaltungsgrundsätze – d.h. alle Aufwendungen umfassend - geregelt, allerdings die Freigrenze von EUR 110,00 auf EUR 150,00 angehoben.
  • Zur Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen wird der Höchstbetrag für abzugsfähige Beiträge auf eine Basisversorgung im Alter (gesetzliche Rentenversicherung, Knappschaft, berufsständische Versorgung, landwirtschaftliche Alterskasse, private Basisrente) von EUR 20.000,00 auf EUR 24.000,00 erhöht.
  • Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 13a EStG für Land- und Forstwirte wird neu gefasst.
  • Durch Änderung von §34c Abs. 1 EStG und § 26 KStG soll der Anrechnungshöchstbetrag in Anpassung an die Rechtsprechung des EuGH und BFH künftig in der Weise ermittelt werden, dass ausländische Steuern höchstens mit der durchschnittlichen tariflichen deutschen ESt auf die ausländischen Einkünfte angerechnet werden.
  • Durch Änderung von § 13b UStG kann die Finanzverwaltung die Steuerschuldnerumkehr des Leistungsempfängers auf weitere Fälle durch Rechtsverordnung ausdehnen.

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