Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 16.07.2014

2. Gesetzgebungsverfahren

2.1. Das „Kroatienanpassungsgesetz“ – zum Reverse-Charge-Verfahren bei Bauträgern

(Anschluss an Punkt 4.3 unseres Rundschreibens Nr. 1/2014 vom 27.02.2014)

Am 03.07.2014 wurde das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom Bundestag verabschiedet. Der Bundesrats hat am 11.07.2014 zugestimmt. Unter anderem sollen mit diesem Gesetz die Unklarheiten bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen (Reverse-Charge bei Bauträgern) beseitigt werden. Der BFH hatte mit Urteil vom 22.08.2013 den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG, wonach Leistungsempfänger die Umsatzsteuer bei bestimmten Bauleistungen schulden, wenn sie selbst Bauleistungen erbringen, erheblich eingeschränkt (vgl. Punkt 4.3. unseres Rundschreibens Nr. 1/2014). Nunmehr wird durch die Änderung des § 13b Abs.5 Satz2 UStG die alte Sichtweise der Finanzverwaltung weitgehend wieder hergestellt.

Die vom BFH aufgestellte Regelung einer Einzelfallbetrachtung wird danach zugunsten einer auf das nachhaltige Erbringen von Leistungen abstellende Globalbetrachtung ersetzt. Die Grenze wird aber im Gesetz nicht näher quantifiziert.

Das nachhaltige Erbringen von Bauleistungen wird angenommen, wenn das Finanzamt dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Bescheinigung ausgestellt hat. Diese Bescheinigung soll maximal drei Jahre gelten und nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden können. Wer über die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung entscheide, lässt das Gesetz ebenfalls offen. Die besondere Bescheinigung soll, laut Gesetzesbegründung, eine von der Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG abweichende gesonderte Bescheinigung sein.

Für die Erstellung der Bescheinigung soll sich die Finanzverwaltung an der Verwaltungsauffassung orientieren, die vor dem genannten BFH-Urteil galt. Danach kam es nicht zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft für Leistungsempfänger, die nicht mehr als 10% eigene Bauleistungen weltweit erbrachten. Allerdings findet sich diese Grenze eben nicht im Gesetz, sondern einzig in der Begründung. Die Grenze soll nach der Verkündung des Gesetzes (wieder) in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass aufgenommen werden.

Der Übergang der Steuerschuldnerschaft soll auch dann eintreten, wenn die Bescheinigung gegenüber dem leistenden Unternehmer nicht verwendet wird. Die Begründung lässt allerdings offen, wie dies der leistende Unternehmer erkennen soll.

Nach § 13b Abs. 5 Satz 7 UStG soll es beim Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger bleiben, wenn beide Parteien hiervon ex ante übereinstimmen (fälschlicherweise) ausgegangen waren und wenn dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Letzteres sei dann der Fall, wenn der Leistungsempfänger den an ihn erbrachten Umsatz zutreffend besteuert habe.

Der neue § 27 Abs. 19 UStG enthält Regelungen, wie zu verfahren ist, wenn der Leistungsempfänger in Altfällen nicht die Regelungen der BMF-Schreiben vom 08.05.2014 und vom 05.02.2014 anwendet, sondern die entrichtete Umsatzsteuer zurückfordert. Hiernach soll gegen den Leistungserbringer die Steuerfestsetzung geändert werden können. Außerdem soll der Leistende unter bestimmten Voraussetzungen den Zahlungsanspruch gegen den Leistungsempfänger an das Finanzamt abtreten können.

Die Änderungen des § 13b Abs.5 UStG sollen am 01.10.2014 in Kraft treten, der neue § 27 Abs. 19 UStG am Tag nach der Verkündung.

Hinweise:

  • Leider enthalten weder Gesetz noch Begründung Ausführungen darüber, inwieweit Zinswirkungen nach § 233a AO beim Leistungserbringer entstehen können.
  • Schon vor Inkrafttreten des § 27 Abs. 19 UStG wurden die ersten verfahrens- und verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese den Vertrauensschutz für Altfälle der Anwendung von § 13b UStG außer Kraft setzenden Vorschrift laut.

2.2. Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr beschlossen

Das Bundeskabinett hat am 01.04.2014 den Entwurf eines Gesetzes „zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ beschlossen. Der Gesetzentwurf, der der Umsetzung der RL 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 dient, verschärft die Verzugsfolgen in den Fällen, in denen ein Unternehmer oder ein öffentlicher Auftraggeber in Zahlungsverzug gerät, indem er den gesetzlichen Verzugszins um einen Prozentpunkt auf 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz anhebt. Zudem räumt er dem Zahlungsgläubiger bei Verzug des Schuldners einen Anspruch auf eine Pauschale i.H.v. EUR 40,00 ein.

Darüber hinaus schränkt der Gesetzentwurf die Möglichkeit ein, durch eine Vereinbarung von Zahlungs-, Abnahme- oder Überprüfungsfristen die an sich bestehende Pflicht zur sofortigen Begleichung einer Forderung beliebig hinauszuschieben: So soll eine Klausel in AGB im Zweifel unangemessen und daher unwirksam sein, wenn sie eine Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen oder eine Überprüfungs- oder Abnahmefrist von mehr als 15 Tagen vorsieht. Bei einer Individualvereinbarung soll Folgendes gelten: Hat sich ein Unternehmen eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen einräumen lassen, so soll die Vereinbarung nur wirksam werden, wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass die Vereinbarung ausdrücklich getroffen wurde und für den Gläubiger nicht grob unbillig ist. Hat sich hingegen ein öffentlicher Auftraggeber eine solche Zahlungsfrist einräumen lassen, soll die Vereinbarung unwirksam sein. Beträgt die eingeräumte Zahlungsfrist mehr als 30 Tage, soll diese Vereinbarung nur dann wirksam sein, wenn er nachweist, dass die Vereinbarung ausdrücklich getroffen wurde und sachlich gerechtfertigt ist. Hat sich ein Unternehmer oder ein öffentlicher Auftraggeber eine Prüfungs- oder Abnahmefrist von mehr als 30 Tagen einräumen lassen, so soll auch diese Vereinbarung nur dann wirksam sein, wenn das Unternehmen oder der öffentliche Auftraggeber nachweisen kann, dass diese Vereinbarung ausdrücklich getroffen wurde und für den Gläubiger nicht grob unbillig ist.

Die neuen Regeln sollen auf alle nach dem Inkrafttreten des Gesetzes entstandenen Schuldverhältnisse angewendet werden. Auf früher entstandene Dauerschuldverhältnisse sollen sie angewendet werden, soweit die Gegenleistung, für die ein Entgelt gefordert wird, nach dem 30.06.2015 erbracht wird.

2.3. Entwurf der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015

Das BMF hat am 24.04.2014 den Entwurf der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015 (LStÄR 2015) veröffentlicht. Der Entwurf enthält u.a. folgende Änderungen:

  • Der Begriff der „öffentlichen Kasse“ soll erstmals in den Richtlinien erläutert werden. Er ist u.a. für diverse Steuerbefreiungen von Bedeutung, z.B. Beihilfen, Aufwandsentschädigungen, Reisekostenvergütungen aus öffentlichen Kassen und den sog. Kaufkraftausgleich bei Auswärtstätigkeiten.
  • Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anlässlich einer Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eine Mahlzeit zur Verfügung, so kann diese Sachleistung nicht als Reisekostenvergütung ganz oder teilweise steuerfrei belassen werden. Die Steuerfreiheit von Verpflegungszuschüssen ist auf die nach § 9 Abs. 4a EStG maßgebenden Beträge beschränkt.
  • Kindergartenzuschüsse des Arbeitgebers sollen künftig bis zur Einschulung des Kindes steuerfrei sein.
  • Bei der Bewertung von Sachbezügen wird das bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen bestehende Wahlrecht zwischen der Rabattregelung nach § 8 Abs. 3 EStG und der Einzelbewertung nach § 8 Abs. 2 EStG in die Richtlinien aufgenommen.
  • Bei Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (z.B. Versicherungsschutz) ist die Freigrenze nicht anwendbar.
  • Bleiben Unfallkosten bis EUR 1.000,00 nach Erstattungen durch Dritte (z.B. Versicherer) bestehen, können diese als Reparaturkosten in die Gesamtkosten bei der Ermittlung des privaten Nutzungswerts von Kraftfahrzeugen einbezogen werden. Das gilt entsprechend, wenn keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde oder die Selbstbeteiligung mehr als EUR 1.000,00 beträgt. Eine Firmenwagengestellung mit Fahrer führt hinsichtlich der Fahrergestellung für Privatfahrten/ Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu einem weiteren geldwerten Vorteil, der wahlweise mit dem üblichen Endpreis oder prozentualen Zuschlägen bewertet werden kann.
  • Geschenke an den einzelnen Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen sollen künftig bis EUR 60,00 (bisher EUR 40,00) in die Gesamtkosten der Betriebsveranstaltungen einbezogen werden können.
  • Die Freigrenze für nicht als Arbeitslohn zu versteuernden Aufmerksamkeiten und Arbeitsessen soll zum 01.01.2015 ebenfalls von EUR 40,00 auf EUR 60,00 erhöht werden.
  • Für die Lohnsteuerermittlung sind jeweils die Lohnsteuerabzugsmerkmale maßgebend, die für den Tag gelten, an dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Dies gilt auch bei einem Wechsel des ersten Arbeitgebers im Laufe des Lohnzahlungszeitraums und bei sonstigen Bezügen (z.B. Abfindung) nach dem Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis.
  • Sogenannte Erholungsbeihilfen (EUR 156,00 für den Arbeitnehmer, EUR 104,00 für den Ehegatten, EUR 52,00 für jedes Kind) können mit 25 % pauschal besteuert werden. Es genügt ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Urlaub des Arbeitnehmers.
  • Die Übertragung einer Rückdeckungsversicherung auf den Arbeitnehmer oder die Umwandlung einer solchen in eine Direktversicherung führt zu einem geldwerten Vorteil. Die Höhe bestimmt sich nach § 153 VVG (Überschussbeteiligung zzgl. Bewertungsreserven).
  • Bei einer Änderung des Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahres ist die nachträglich einbehaltene Lohnsteuer in der Lohnsteuer-Anmeldung für den Zeitraum anzugeben und abzuführen, in dem sie einbehalten wurde.

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