Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 20.12.2016

2. Gewinnermittlung

2.1. 1%-Regelung bei VW-Transporter

Ein Transportfahrzeug, das lediglich mit zwei Sitzplätzen und einer Abtrennung der fensterlosen Ladefläche ausgestattet ist, kann typischerweise als nicht zum privaten Gebrauch geeignet angesehen werden. Dies hat zur Folge, dass die
1%-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG keine Anwendung findet. Das hat der BFH mit Urteil vom 17.02.2016 entschieden.

2.2. Aufwendungen für eine „Arbeitsecke“ sind nicht abziehbar

In dem gleichen Urteil vom 17.02.2016 hat sich der BFH ein weiteres Mal zum Thema Arbeitszimmer geäußert. 

Im entschiedenen Fall war ein Teil eines Raums mit einem Schreibtisch und Büroregalen ausgestattet. In einem anderen Teil desselben Raumes, abgetrennt durch ein Regal, standen ein Sofa, ein Couchtisch sowie ein Esstisch mit mehreren Stühlen und ein Fernseher. Die Kosten für den zur Erledigung der Büroangelegenheiten des Gewerbebetriebs genutzten Raum seien als Betriebsausgabe nicht abziehbar, so der BFH. Denn Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werde, seien nach § 4 Abs. 5 EStG nicht abziehbar, da es insoweit an einem objektiven Aufteilungsmaßstab mangele. Das gelte auch für Zimmer, die im Wege einer räumlichen Aufteilung mit einer „Arbeitsecke“ zur Erzielung von Einnahmen und in der übrigen Fläche zu privaten Wohnzwecken genutzt würden. 

2.3. Zur rückwirkenden Bildung einer Reinvestitionsrücklage bei Erhöhung der Gegenleistung aus einer Grundstücksveräußerung

Der Steuerpflichtige kann die Reinvestitionsrücklage nach § 6c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6b Abs. 3 EStG rückwirkend bilden, wenn sich der Kaufpreis für ein (unbebautes) Grundstück auf Grund einer aufschiebenden Bedingung in einem späteren VZ erhöht und dadurch erstmals ein Veräußerungsgewinn entsteht. Das hat der BFH mit Urteil vom 10.03.2016 entschieden und damit der Sichtweise der Vorinstanz widersprochen, wonach der als „Entschädigungsprovision“ bezeichnete Teil des Kaufpreises für den Verkauf des unbebauten Grund und Bodens Entgelt für ein selbständiges Wirtschaftsgut „Nutzungsrecht“ darstellen sollte und somit nicht rücklagenfähig gewesen wäre. Die Nutzungsmöglichkeit sei nur ein (unselbständiges) Reflex des Grundstückseigentums und kein „Wirtschaftsgut“. 

Der BFH hat außerdem klargestellt, dass die Möglichkeit einer rückwirkenden Bildung der Reinvestitionszulage im Falle aufschiebend bedingter nachträglicher Kaufpreiserhöhung wegen der Gleichbehandlung der Gewinnermittlungsarten auch im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahme-Überschuss-Rechnung) zulässig ist. 

2.4. Zur Übertragung einer 6b-Rücklage auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen

Gemäß §§ 6b, c EStG kann der Steuerpflichtige für stille Reserven, die bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen aufgedeckt wurden, eine Rücklage bilden und diese später auf die Anschaffung oder Herstellung eines Ersatzwirtschaftsguts – in demselben oder einem anderen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen –  übertragen, um so die sofortige Versteuerung zu vermeiden. Dies gilt nach einem  - nicht rechtskräftigen –  Urteil des FG Münster vom 13.05.2016 auch dann, wenn eine solche Rücklage bereits vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts auf einen anderen Betrieb übertragen wird. 

Im entschiedenen Fall war die Rücklage zum Bilanzstichtag in einem Unternehmen ausgewiesen worden. Ein halbes Jahr später wurde ein in der Sonderbilanz eines anderen Unternehmens des Steuerpflichtigen bilanziertes Mehrfamilienhaus fertiggestellt, auf dessen Herstellungskosten die Rücklage übertragen wurde. Zwischenzeitlich wurde das Unternehmen, in dem die Rücklage gebildet worden war, auf die Kinder übertragen. Die Finanzverwaltung erkannte die Übertragung der stillen Reserven nicht an, da die Verwaltungsvorschrift des R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR eine Übertragung nur im Zeitpunkt der Fertigstellung des Wirtschaftsgutes, auf das die Rücklagen übertragen werden soll, zulasse. Dem folgte das Gericht nicht. Die zeitliche Einschränkung der Übertragung der Rücklage finde keine Grundlage im Gesetz. Vielmehr müsse eine Rücklagenübertragung jedenfalls dann möglich sein, wenn – wie im entschiedenen Fall –  im Zeitpunkt der Übertragung bereits mit der Herstellung des Wirtschaftsgutes begonnen wurde.

2.5. Neues zum Investitionsabzugsbetrag

a) Kompensation des Mehrergebnisseseiner Außenprüfung durch Investitionsabzugsbetrag

(Anschluss an Punkt 1.3. unseres Rundschreibens Nr. 1/2016)

Ein Investitionsabzugsbetrag darf nach zwei Urteilen des BFH vom 23.03.2016 und 28.04.2016 nicht allein deshalb versagt werden, weil der Antrag erst nach einer Außenprüfung gestellt wird. Die Steuervergünstigung kann danach entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in RZ 26 des BMF-Schreibens vom 20.11.2013 zur Kompensation eines Steuermehrergebnisses der Außenprüfung eingesetzt werden. 

Hinweis:

Die Urteile betreffen noch die alte Rechtslage, nach der die Steuervergünstigung voraussetzte, dass der Unternehmer die Absicht hatte, die Investition innerhalb der nächsten drei Jahre durchzuführen und das Investitionsgut anschließend mindestens zwei Jahre in seinem Betrieb zu nutzen. Das Bestehen dieser Absicht musste nachgewiesen werden. Seit 2016 hat sich die Rechtslage durch das Steueränderungsgesetz 2015 verändert, denn die Investitionsabsicht und die Absicht der späteren betrieblichen Nutzung werden seither nicht mehr ausdrücklich in § 7g EStG erwähnt. 

b) Investitionsabzugsbetrag bei unentgeltlicher Betriebsübertragung

Es steht der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits feststeht, dass der Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommen Erbfolge unter Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG übertragen wird und der Betriebsübernehmer die prognostizierten Investitionen vornehmen soll. Das hat der BFH mit Urteil vom 10.03.2013 entschieden. 

Der Steuerpflichtige müsse jedoch in diesem Fall zusätzlich glaubhaft machen, dass er bei Fortführung des Betriebs die prognostizierten Investitionen durchgeführt hätte und erwartet werden konnte, dass sie stattdessen der Betriebsübernehmer vornimmt. 

c) Nichtanschaffung ist kein Tatbestandsmerkmal für die Auflösung der Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.

Die Nichtdurchführung einer als beabsichtigt erklärten Investition innerhalb der gesetzlich vorgesehen Investitionsfrist führte nach § 7g Abs. 4 Satz 4 EStG a.F. nicht zur rückwirkenden Versagung der Ansparabschreibung. Das gilt nach einem BFH-Urteil vom 22.03.2016 auch für einen Steuerpflichtigen, der den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG im Wege der Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt und nach Ablauf des zweiten auf die Bildung der Ansparabschreibung folgenden Geschäftsjahres die erforderliche Auflösung der Ansparabschreibung durch Ansatz einer fiktiven Einnahme rechtswidrig unterlassen hat. 

2.6. Zur Abziehbarkeit von Zinseszinsen auf Investitionsdarlehen

(Anschluss an Punkt 2.2. unseres Rundschreibens Nr. 2/2016)

Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Dies gilt nach Satz 5 nicht für Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Diese sind stets im vollen Umfang abzugsfähig. Der BFH hatte am 07.07.2016 einen Fall zu entscheiden, in dem ein Steuerpflichtiger ein Darlehen aufgenommen hatte, um die Zinsen des Hauptdarlehens zahlen zu können. 

Auch Schuldzinsen, die infolge der Finanzierung der Zinsen eines Darlehens zur Anschaffung oder Herstellung von Anlagevermögen entstanden seien, unterlägen nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG, so der BFH in seinem Urteil. Dies gelte auch dann, wenn sie auf einem separaten Darlehenskonto erfasst würden. 

2.7. Anschaffungskosten beim Erwerb eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto

Der entgeltliche Erwerber eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto tätigt grundsätzlich Anschaffungskosten in Höhe der Summe aus dem negativen Konto und dem geleisteten Kaufpreis. Dieser Aufwand ist auf die stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts, soweit sie auf die Beteiligungsquote entfallen, zu verteilen. Decken die stillen Reserven diesen Kaufpreis nicht ab, ist nach einem  – nicht rechtskräftigen –  Urteil des FG Köln vom 06.04.2016 (abgesehen von Sonderfällen) für den Spitzenbetrag zunächst erfolgsneutral ein Ausgleichsposten zu bilden, der mit Gewinnanteilen zu verrechnen ist, die der Anteilserwerber künftig mit dem übernommenen negativen Kapitalkonto verrechnen muss. Ob das übernommene negative Kapitalkonto durch Entnahmen oder Verluste des früheren Gesellschafters entstanden sei, habe keinen Einfluss auf die Beurteilung. 

Hinweis:

Das Urteil betraf den Fall einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG. Das FG hat aber klargestellt, dass für Mitunternehmerschaften und vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft dieselben Grundsätze gelten. 

2.8. Mehrgewinne aus Außenprüfungen beim Mehrkontenmodell im Rahmen von § 15a  EStG

Mehrgewinne, die eine Außenprüfung bei einer Personengesellschaft ermittelt hat, werden bei der Anwendung des § 15a EStG zunächst dem Eigenkapital zugerechnet, wenn der Gesellschaftsvertrag ein Mehrkontenmodell und keinen gesonderten Gesellschafterbeschluss hinsichtlich der Verfügung über den handelsrechtlichen Gewinnanteil vorsieht. Erfolgen später Angleichungsbuchungen in der Handelsbilanz und werden die Mehrgewinne einem Gesellschafterkonto zugerechnet, das gesellschaftsrechtlich Fremdkapitalcharakter hat, vermindert sich zu diesem Zeitpunkt das Eigenkapital im Sinne von § 15a EStG. Das ergibt sich aus einer Kurzinformation des FinMin Schleswig-Holstein vom 08.06.2016. 

Sieht dagegen die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung bezüglich der Gewinnverwendung einen Ausschüttungsbeschluss vor, ist der Mehrgewinn zunächst dem Eigenkapital zuzurechnen und erst nach entsprechender Beschlussfassung einem Fremdkapitalkonto zuzuweisen. 

2.9. Gutschrift auf Kapitalkonto II einer Personengesellschaft ist Einlage

(Anschluss an Punkt 2.4. unseres Rundschreibens Nr. 2/2016)

Die Finanzverwaltung wendet nach einem BMF-Schreiben vom 26.07.2016 die jüngste Rechtsprechung des BFH unter Änderung ihrer bisherigen Verwaltungsanweisungen an: 

Die Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter und betrieblicher Sachgesamtheiten unter Gutschrift auf einem neben dem festen Kapitalkonto geführten variablen Kapitalkonto mit gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitalcharakter („Kapitalkonto II“) ist unentgeltlich, ebenso wie die kombinierte Gutschrift auf dem Kapitalkonto II und gesamthänderisch gebundenem Rücklagenkonto. Für Übertragungen und Einbringungen bis zum 31.12.2016 werden auf gemeinsamen Antrag des Übertragenden oder Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft noch die bisherigen Verwaltungsanweisungen angewendet. 

2.10. Tilgung der Kaufpreisverpflichtung eines Neugesellschafters aus künftigen Gewinnen der Gesellschaft

Veräußerungsentgelt für die Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 2 EStG ist auch eine der Höhe nach feststehende Kaufpreisforderung, die der Neugesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft durch Verzicht auf Teile des ihm nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zustehenden Gewinns zu Gunsten des Altgesellschafters oder bei vorzeitiger Beendigung der Gesellschaft im Rahmen einer Ratenzahlungsverpflichtung zu erfüllen hat. Das hat der BFH mit Urteil vom 27.10.2015 entschieden. 

Dem Neugesellschafter seien trotz des Verzichts Gewinne in Höhe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zuzurechnen, da die Zuweisung höherer Gewinnanteile an den Altgesellschafter der unmittelbaren Zahlung der Entgelte außerhalb des Gesellschaftsvermögens gleichstünden.

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