Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 18.08.2015

3. Umsatzsteuer

3.1. Innergemeinschaftliches Reihengeschäft / Zuordnung der Warenbewegung im Abholfall

Anschluss an Punkt 6.1. unseres Rundschreibens Nr. 1/2015 vom 01.06.2015

Bei Reihengeschäften ist die Prüfung der Frage, welche von mehreren Lieferungen innergemeinschaftlich steuerfrei erfolgt, nach zwei BFH-Urteilen vom 25.02.2015 anhand der objektiven Umstände des Einzelfalls und nicht  – wie das FG Münster angenommen hatte –  anhand der Erklärungen der Beteiligten vorzunehmen. Erklärungen des Erwerbers könnten allerdings in der nachgelagerten Prüfung des Vertrauensschutzes von Bedeutung sein.

Hinweis:

Es ist sinnvoll, die in unserem Rundschreiben Nr. 1/2015 vom 01.06.2015 unter Punkt 6.1. vorgestellten Musterklauseln weiter zu verwenden.

3.2. Vertrauensschutz für Bauleistende

Anschluss an Punkt 4.3. unseres Rundschreibens Nr. 1/2014 vom 27.02.2014

Mit Beschluss vom 03.06.2015 hat das FG Berlin-Brandenburg in einem Aussetzungsverfahren ernstliche Zweifel daran geäußert, ob die Vertrauensschutzregelung nach § 176 Abs. 2 AO durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG durchbrochen werden kann. Nach der zuletzt genannten Vorschrift können Unternehmer, die Bauleistungen an Bauträger erbracht haben, rückwirkend zur Zahlung der auf ihre Leistungen anfallenden Umsatzsteuer herangezogen werden, wenn der Bauträger die ursprünglich bezahlten Umsatzsteuerbeträge nach Änderung der BFH-Rechtsprechung zu § 13b Abs. 21 Satz 2 UStG (Reverse-Charge-Verfahren) zurückgefordert hat.

Im Streitfall hatte der Bauleistende für einen Bauträger gearbeitet, der zunächst nach der damaligen Verwaltungsauffassung § 13b UStG anwandte, nach zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung die Steuern jedoch mit Erfolg zurückforderte. Das Finanzamt wollte die Steuerfestsetzung beim Bauleistenden daraufhin ändern, davon ausgehend, dass er nunmehr Steuerschuldner sei.

Das FG hatte verfassungsrechtliche Bedenken wegen unzulässiger echter Rückwirkung und Verstoßes gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit. Dabei spielte auch eine Rolle, dass der Bauleistende die Umsatzsteuer wegen zivilrechtlicher Verjährung nicht an den Bauträger nachbelasten konnte.

3.3. EuGH-Entscheidung zur Behandlung von Mietnebenkosten nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie

Der EuGH hat am 16.04.2015 in einem polnischen Fall entschieden, dass Art. 14 Abs. 1 , Art. 15 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 MwSt-SystRL dahingehend auszulegen sind, dass die im Rahmen der Vermietung einer Immobilie von Dritten erbrachten Lieferungen von Elektrizität, Wärme und Wasser sowie die Abfallentsorgung zugunsten der Mieter, die diese Gegenstände und Dienstleistungen unmittelbar nutzen, als vom Vermieter erbracht anzusehen sind, wenn dieser die Verträge für die Erbringung dieser Leistungen abgeschlossen hat und lediglich deren Kosten an die Mieter weitergibt.

Die Vermietung einer Immobilie und die Lieferung von Wasser, Elektrizität und Wärme sowie die Abfallentsorgung, die diese Vermietung begleiten, seien grundsätzlich als mehrere unterschiedliche und unabhängige Leistungen anzusehen, die unter Mehrwertsteuergesichtspunkten getrennt zu beurteilen seien, es sei denn, dass gewisse Bestandteile des Umsatzes, einschließlich derer, die die wirtschaftliche Grundlage des Vertragsabschlusses bildeten, so eng miteinander verbunden seien, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Es obliege dem nationalen Gericht, die notwendigen Bewertungen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, unter denen die Vermietung und die sie begleitenden Leistungen abgewickelt werden, und insbesondere des eigentlichen Vertragsinhalts vorzunehmen.

Hinweise:

  • Der EuGH stellt bei der Unterscheidung von einem Leistungsbündel aus mehreren selbständigen Leistungen gegenüber der aus Haupt- und unselbständigen Nebenleistungen zusammengesetzten einheitlichen Leistung bei Vermietungen nicht darauf ab, ob diese Nebenleistungen typischerweise im Gefolge der Hauptleistung vorkommen und im Verhältnis zu ihr nebensächlich sind i.S. einer Abrundung oder Ergänzung (so aber A. 3.10 Abs. 5 UStAE). Nach dem Urteil soll vielmehr danach differenziert werden, ob über derartige im Zusammenhang mit der Vermietung erbrachte Leistungen vom Vermieter gesondert abgerechnet wird. Es spielt keine Rolle, dass der Mieter sich die Leistungen ggf. nur vom Vermieter beschaffen kann, denn wenn er sie von anderen Unternehmen bezöge, wären sie jedenfalls selbständige Leistungen.
  • Damit werden Vermieter bei verbrauchsabhängiger Abrechnung von Mietnebenkosten grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Sie fallen aber ggf. unter die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG.
  • Wenn ein Vermieter Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist, dann erhält er seine Vorleistung für die Wasser- und Wärmelieferungen an seine Mieter von der Wohnungseigentümergemeinschaft steuerfrei gem. § 4 Nr. 13 UStG, denn der Hausanschluss für Wasser ist stets der Wohnungseigentümergemeinschaft zuzurechnen, und das Gas oder andere Brennstoffe für die zentrale Heizungsanlage sowie den erforderlichen Strom beschafft allein die Eigentümergemeinschaft. Die Eigentümergemeinschaft hat dafür wegen der Steuerfreiheit dieser selbständigen Umsätze gem. § 4 Nr. 13 UStG kein Recht zum Vorsteuerabzug. Das Problem von Haupt- und Nebenleistung stellt sich daher bei § 4 Nr. 13 UStG nicht.

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