Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 06.07.2016

5. Umsatzsteuer

5.1. Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung

Überträgt ein Einzelunternehmer das Unternehmensvermögen mit Ausnahme des Anlagevermögens auf eine KG, die das Unternehmen fortführt, stellt dies nach einem BFH-Urteil vom 03.12.2015 auch dann eine umsatzsteuerlich nicht steuerbare Geschäftsveräußerung dar, wenn er das Anlagevermögen auf eine GbR überträgt, die auf seine Veranlassung hin das Anlagevermögen an die KG überlässt. Die Übertragung des Anlagevermögens an die GbR sei jedoch keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung.

5.2. Zeitliche Grenze für die Erklärung des Verzichts auf die USt-Befreiung einer Grundstückslieferung

Der BFH hat mit Urteil vom 21.10.2015 entschieden, der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung der Lieferung eines Grundstücks könne ausschließlich in dem dieser Grundstückslieferung zugrunde liegenden, notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag erklärt werden. Eine spätere Verzichtserklärung (auch in Gestalt einer notariell beurkundeten Vertragsänderung) sei steuerlich unwirksam.

5.3. Vorsteuerabzug auch aus Rechnungen mit Briefkastenadresse?

Ist die postalische Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers gewährleistet, kommt es für den Vorsteuerabzug nicht darauf an, ob und – wenn ja –  welche Aktivitäten unter der Postanschrift erfolgen.

Das hat das FG Köln mit – nicht rechtskräftigem – Urteil vom 28.04.2015 entschieden.

Der BFH hat in einem anderen Rechtsstreit mit Urteil vom 22.07.2015 anders entschieden: Danach erfülle das Merkmal „vollständige Anschrift“ in § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG nur die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers, unter der er seine wirtschaftliche Aktivität entfalte.

Seien Tatbestandsmerkmale des Vorsteuerabzugs nicht erfüllt, könne dieser im Festsetzungsverfahren auch dann nicht gewährt werden, wenn der Leistungsempfänger hinsichtlich des Vorliegens dieser Merkmale gutgläubig gewesen sei.

Komme der Unternehmer seinen Nachweispflichten gemäß § 6a Abs. 3 UStG, §§ 17a, 17c UStDV nicht nach, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt seien. Etwas anderes gelte ausnahmsweise dann, wenn zweifelsfrei feststehe, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt seien.

Hinweise:

Abschlägige Entscheidungen sollten vorsichtshalber bis zur Entscheidung des anhängigen Revisionsverfahrens offen gehalten werden.

Nach 14.5 Abs. 2 Satz 3 UStAE ist es ausreichend, wenn der Leistungsempfänger über ein Postfach oder über eine Großkundenadresse verfügt, wenn diese Daten anstelle der Anschrift angegeben werden.

5.4. Rückwirkende Rechnungsberichtigung doch möglich?

Es ist deutsche Rechtsauffassung, dass eine Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe, z.B. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, nicht rückwirkend („ex tunc“) und damit nur für die Zukunft („ex nunc“) berichtigt werden kann. Das Recht auf Vorsteuerabzug kann damit in Deutschland nur für das Jahr ausgeübt werden, in dem die ursprüngliche Rechnung berichtigt wurde. Eine Berichtigung bereits für das Jahr, in dem die Rechnung ausgestellt wurde, ist nicht möglich. Die fehlende Rückwirkung führt in der Regel zu Nachzahlungszinsen nach § 233a AO.

Zu den Grundsatzfragen einer rückwirkenden Rechnungsberichtigung und zu den Voraussetzungen im Einzelnen gibt es diverse EuGH-Entscheidungen und Entscheidungen der deutschen Finanzgerichte, ohne dass sich hieraus ein einheitliches Bild ergibt.

Die fehlende Rückwirkung verstößt in dem aktuellen Senatex-Fall nach Auffassung des zuständigen Generalanwalts am EuGH, des Franzosen Yves Bot, in seinen Schlussanträgen vom 17.02.2016, gegen die europäischen Vorgaben aus der MwStSystRL. Die Entscheidung des EuGH bleibt abzuwarten.

5.5. Grundstücksübertragung kann Geschäftsveräußerung sein

Zur Abgrenzung einer steuerfreien Grundstückslieferung, die zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führt, von einer nichtsteuerbaren Geschäftsveräußerung hat der BFH mit Urteil vom 25.11.2015 entschieden, dass die für eine Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung bei einer Vermietung über insgesamt 17 Monate vorliege.

Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit müsse bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.

5.6. Bauleistungen an Bauträger – Neue Entscheidungen zur Übergangsregelung

(Anschluss an Punkt 7.3. unseres Rundschreibens Nr. 4/2015 und Punkt 3.2. unseres Rundschreibens Nr. 2/2015)

A.
Der BFH hat die Beschwerde des Finanzamts gegen die Entscheidung des FG Münster, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren (siehe Punkt 7.3.b) unseres Rundschreibens Nr. 4/2015) mit Beschluss vom 17.12.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es, es sei umstritten, ob § 27 Abs. 19 UStG gegen das Grundgesetz verstoße, da er eine rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung beim Leistenden zulasse und Vertrauensschutz ausschließe. Ob im konkreten Fall ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vorliegt, hat der BFH jedoch nicht entschieden. Bereits die ungeklärte Rechtslage genüge für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung. Die eigentliche Rechtsfrage müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden.Der BFH weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass § 27 Abs. 19 UStG im konkreten Fall den verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Vorgaben genügen könnte, so dass Vertrauensschutz ausgeschlossene wäre. Dies sei in Fällen denkbar, in denen dem Leistenden kein Vermögensschaden drohe. Der BFH hat dabei den Fall im Blick, dass der Bauleistende Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger nachberechnen und diesen Anspruch an sein Finanzamt abtreten kann. Darüber werde jedoch erst in der Hauptsache entschieden. Diese sei im konkreten Fall jedoch noch nicht anhängig.

B.
Das FG Niedersachsen hat in einem – rechtskräftigen – Urteil vom 29.10.2015 entschieden, dass § 27 Abs. 19 UStG eine Änderungsmöglichkeit der Steuerfestsetzung beim Leistenden begründe, sofern der Leistungsempfänger als Bauträger und zu Unrecht in Anspruch genommener Steuerschuldner nach § 13b UStG seine gezahlte Umsatzsteuer zurückfordere. Die Übergangsregelung sei als verfahrensrechtliche Sonderregelung zu § 174 Abs. 3 AO zu verstehen. Sie sei erfassungskonform und verstoße nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Rückwirkungsverbot, da sie keine echte Rückwirkung entfalte.

C.
Das Landgericht Köln hat sich mit Urteil vom 30.10.2015 zur Frage des zivilrechtlichen Umgangs mit Bauträgerfällen befasst. Danach hat der leistende Unternehmer aufgrund ergänzender Vertragsauslegung einen zivilrechtlichen Anspruch auf Nachentrichtung der Umsatzsteuer gegen den Auftraggeber, dies jedenfalls dann, wenn dieser die Umsatzsteuer von der Finanzverwaltung zurückgefordert habe.

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