Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 24.11.2016

6. Umsatzsteuer

6.1. verbilligte Parkraumüberlassung an Arbeitnehmer

Überlässt ein Unternehmer nur seinen Angestellten gegen Kostenbeteiligung Parkraum, erbringt er damit nach einem BFH-Urteil vom 14.01.2016 eine entgeltliche Leistung. Die Besteuerung unentgeltlicher Leistungen erlaube keinen Rückschluss auf die Besteuerung von Dienstleistungen, die der Unternehmer gegen verbilligtes Entgelt erbringe.

Hinweis:

Nach der Rechtsprechung des EuGH kommt es für die Steuerbarkeit einer unentgeltlichen Leistung darauf an,

  • †ob sie dem privaten Bedarf des Arbeitnehmers und damit unternehmensfremden Zwecken dient oder

  • †ob die Erfordernisse des Unternehmens es gebieten, diese Leistung nicht als zu unternehmensfremden Zwecken erbracht erscheinen zu lassen, so dass sie dem überwiegenden Interesse des Arbeitgebers und damit unternehmenseigenen Interessen dienen.

Der BFH hat im vorliegenden Fall eine Vorlage an den EuGH abgelehnt.

6.2. Steuerfreie Lieferung eines Miteigentumsanteils

Der V. Senat des BFH hat mit Urteil vom 18.02.2016 mit Zustimmung des XI. Senats seine Rechtsprechung geändert: Die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einer Sache kann Gegenstand einer Lieferung sein. Bisher nahmen Rechtsprechung und Finanzverwaltung (unter Kritik im Fachschrifttum) an, es handele sich um sonstige Leistungen.

Im entschiedenen Fall übertrug der Kläger im Jahr 2008 zunächst den hälftigen Miteigentumsanteil an einem wertvollen Buch an einen Londoner Galeristen, der das Buch persönlich beim Kläger abholte, in London prüfen ließ und sodann an einen amerikanischen Sammler veräußerte, und zwar schon, bevor der Kläger ihm auch den restlichen Miteigentumsanteil veräußerte. Die Entscheidung ist auch deshalb bemerkenswert, weil der BFH die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 6a UStG gewährte, obwohl der Buchnachweis nicht erbracht war. Es reiche aus, wenn objektiv feststehe, dass der veräußerte Gegenstand unmittelbar nach der Veräußerung in einen anderen Mitgliedstaat gebracht wurde.

6.3. Vorsteuerabzug einer Führungsholding

Einer geschäftsleitenden Holding, die an der Verwaltung einer Tochtergesellschaft teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, steht für Vorsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an dieser Tochtergesellschaft stehen, grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug zu. Das hat der BFH mit Urteil vom 19.01.2016 im Anschluss an die aktuelle EuGH-Rechtsprechung entschieden. Steuerfreie Einlagen bei Kreditinstituten, die zur Haupttätigkeit des Unternehmers gehörten, seien keine „Hilfsumsätze“ im Sinne von § 43 Nr. 3 UStDV und daher nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Im entschiedenen Fall war allerdings die verzinsliche Anlage eines Teils des eingeworbenen Kapitals bei einer Bank ein umsatzsteuerfreier Umsatz, so dass die mit der Kapitalanlage in Zusammenhang stehende Vorsteuer (anteilig) nicht abziehbar war.

Hinweis:

Der BFH hat sich in diesem Urteil unter Hinweis auf den Grundsatz der Rechtsformneutralität und die „kapitalistische Struktur“ einer GmbH & Co. KG auch zu der Frage positioniert, ob auch eine Personengesellschaft als Organ einem anderen Rechtsträger eingegliedert sein kann. Er hat dies bei bestimmten Fallkonstellationen zugelassen.

6.4. EuGH-Urteil zur Methode der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken

Aufgrund einer Vorlage des BFH hat der EuGH am 09.06.2016 zur Frage der Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Falle des von Deutschland vorgeschriebenen vorrangigen Flächenschlüssels als Aufteilungsmaßstab entschieden. Dieser sei zulässig, sofern dadurch eine präzisere Bestimmung des pro-rate-Satzes des Vorsteuerabzugs möglich ist.

Hinweis:

Nach deutschem Umsatzsteuerrecht gilt ab 2004 grundsätzlich eine vorrangige Vorsteueraufteilung nach dem Flächenschlüssel. Der Umsatzschlüssel ist nur dann anwendbar, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Gemeinschaftsrechtlich ist dagegen der Umsatzschlüssel als Regelaufteilungsmethode vorgesehen. Der EuGH hatte bereits am 08.11.2012 entschieden, dass ein Flächenschlüssel nur dann zur Anwendung kommen könne, wenn dadurch eine präzisere Bestimmung des Vorsteuerabzugs gewährleistet sei. Im aktuellen Fall muss nun der BFH entscheiden, ob eine andere Methode als der Umsatzschlüssel – nämlich der Flächenschlüssel – zu einem präziseren Ergebnis führt.

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