Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 30.11.2014

8. Grunderwerbsteuer

8.1. Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes und die Grunderwerbsteuer

Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Der BFH hat mit Urteil vom 09.07.2014 die Frage geklärt, ob bei Beteiligung einer Personengesellschaft im Falle eines Gesellschafterwechsels bei den Gesellschaftern eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes vorliegen kann, die Grunderwerbsteuer auslöst.

Im Streitfall erlangte der Erwerber eines Anteils an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft eine vermögensmäßige Beteiligung von 94,4 %. Gleichzeitig wurde ihm hinsichtlich des Restanteils von 5,6 %, der zivilrechtlich beim Veräußerer verbleiben sollte, eine Kaufoption mit fest vereinbartem Kaufpreis eingeräumt und die auf diesen Anteil entfallenden zukünftigen Gewinne abgetreten.

Der BFH sah den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG als erfüllt an. Hinsichtlich des zivilrechtlich beim Veräußerer verbliebenen (Rest-)Anteils von 5,6 % habe sich der Gesellschafterbestand der Personengesellschaft (mittelbar) geändert. Dieser Anteil sei aufgrund der zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber getroffenen Vereinbarung in Anlehnung an die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO wirtschaftlich dem Erwerber zuzurechnen. Ungeachtet des zivilrechtlich beim Veräußerer verbliebenen Anteils, sei dieser als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Der Erwerber habe aufgrund des Optionsrechts eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Restanteils gerichtete Rechtsposition erlangt. Da der Kaufpreis für die zukünftige Übernahme des Restanteils fest vereinbart worden sei, seien damit alle Risiken und Chancen zukünftiger Wertveränderung und mit der Abtretung aller zukünftigen Gewinne auch alle mit dem Restanteil verbundenen wesentlichen Gesellschafterrechte auf den Erwerber übergegangen. Unter diesen Voraussetzungen sei dem beim Veräußerer verbliebenen Stimmrecht wirtschaftlich keine Bedeutung mehr zugekommen.

8.2. Vorbehaltensfrist bei Vorliegen einer Umwandlung durch Neugründung

Die fünfjährige Vorbehaltensfrist nach § 6a GrEStG gilt nach einer – nicht rechtskräftigen – Entscheidung des FG Düsseldorf vom 07.05.2014 nicht bei einer Umwandlung durch Neugründung.

Zwar sei die Vorbehaltensfrist von fünf Jahren für die erst mit Vertrag vom Juni 2012 gegründete GmbH im Streitfall nicht erfüllt. Aus dem Zweck des Gesetzes ergebe sich aber, dass § 6a GrEStG bei einer Umwandlung durch Neugründung einer Gesellschaft einschränkend auszulegen sei. Die in § 6a Satz 4 GrEStG normierte Frist diene der Verhinderung von Steuerumgehungen durch missbräuchliche Gestaltungen. Bei einem ausschließlich konzerninternen Vorgang sei ein solcher Missbrauch objektiv ausgeschlossen. Durch den Umwandlungsvorgang seien keine Grundstücke aus dem Konzernverbund gelöst worden. Ebenso, wie die Einhaltung der Vorbehaltensfrist nach § 6 Abs. 4 Satz 1 GrEStG zu sinnwidrigen Ergebnissen führen könne, wenn die Gesamthand noch keine fünf Jahre bestanden habe, sei die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG nicht bereits deshalb zu versagen, wenn das herrschende Unternehmen seine Beteiligung an dem beherrschten Unternehmen noch keine fünf Jahre gehalten habe, weil das beherrschende Unternehmen neugegründet worden sei.

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