Mandanten-Rundschreiben

Veröffentlicht am 06.07.2016

8. Solzialversicherung

Zur Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern in Familiengesellschaften

In drei Urteilen vom 11.11.2015 hat das Bundessozialgericht zur Sozialversicherungsfreiheit von Personen, die als leitende Angestellte, Prokuristen oder als Geschäftsführer von Familiengesellschaften mbH tätig waren und dabei am Gesellschaftskapital jeweils unterhalb der Mehrheitsschwelle beteiligt waren, Stellung genommen. Dabei erteilte es der früheren Rechtsprechung zur faktischen Beherrschung mit der Folge einer Sozialversicherungsfreiheit des Geschäftsführers eine Absage. Die Ausübung rein faktischer Leitungsfunktionen konnten damit auch in Familiengesellschaften die Sozialversicherungsfreiheit nicht mehr begründen.

Aber auch einer Sozialversicherungsfreiheit aufgrund der vertraglichen Einräumung von über die eigene gesellschaftsrechtliche Beteiligung hinausgehenden Stimmrechten und Vetorechten erteilte das BSG eine Absage. Schon die gesetzlich nicht auszuschließende theoretische Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung von Stimmbindungsverträgen oder Vetovereinbarungen führe dazu, dass diese den hiervon Begünstigten keine Rechtsposition vermitteln, die einer Sperrminorität gleichkomme.

Hinweise:

Eine Sperrminorität, die für die Begründung der Sozialversicherungsfreiheit ausreicht, kann sich damit nur noch aus Regelungen ergeben, die sich direkt im Gesellschaftsvertrag finden.

Außerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffene schuldrechtliche Vereinbarung über Stimmrechte oder die Ausübung von Vetorechten bleiben diesbezüglich unbeachtlich. Ob für Geschäftsführer bei Fehlen einer gesellschaftsvertraglich begründeten Sperrminorität überhaupt noch Umstände vorliegen können, deren Gesamtabwägung der Status der Sozialversicherungsfreiheit begründen könnte, erscheint äußerst zweifelhaft.

Unternehmen, insbesondere Familienunternehmen, die bislang für Mitarbeiter mit Minderheitsbeteiligung keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt haben, weil sie angenommen haben, dass diese aufgrund familiärer Verbundenheit oder Stimmbindungs- oder Vetoregelungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags sozialversicherungsfrei sind, müssen die diesbezüglichen Gestaltungen überprüfen. Um Sozialversicherungsfreiheit zu erreichen, dürften oftmals Änderungen der Gesellschaftsverträge erforderlich werden. Da die Frage des Vorliegens eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses gem. § 7 Abs. 1 SGB IV stets auch im Rahmen einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls zu klären ist, wird auch nach wie vor der Inhalt des jeweiligen Anstellungsvertrags eine Rolle spielen. Um auf „Nummer sicher“ zu gehen, bietet sich ein Antrag auf Statusfeststellung gem. § 7a SGB IV an.

Für die Vergangenheit drohen Beitragsnachforderungen  –  die Beitragsansprüche verjähren vier Jahre nach dem Ende des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Bei vorsätzlicher Vorenthaltung verlängert sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre. Ob die für die Geltendmachung rückständiger Beiträge zuständigen Krankenkassen in diesen Fällen für die Vergangenheit Vertrauensschutz gewähren, muss sich noch zeigen.

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