Sonderrundschreiben

Veröffentlicht am 07.07.2015

3. Umsatzsteuer

3.1. Umsatzsteuerliche Beurteilung der Überlassung von Sportanlagen

Der EuGH hat am 22.01.2015 erneut über die umsatzsteuerliche Beurteilung der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen entschieden. Diesmal ging es um die Fragestellung, ob die entgeltliche Überlassung eines Fußballstadions als steuerfreie Grundstücksvermietung anzusehen sei.

Im zugrunde liegenden Fall begehrte eine Betreiberin eines Fußballstadions in Belgien. den Abzug von Vorsteuerbeträgen aus den Anschaffungskosten eines Fußballstadions.

Das Stadion überließ sie einem örtlichen Verein entgeltlich zur Nutzung. Die Nutzung beinhaltete sowohl das Zugangsrecht zum Fußballfeld als auch verschiedene Unterhalts-, Reinigungs- und Wartungsleistungen. Hierfür zahlte der Verein eine Pauschalvergütung pro Spieltag, wobei nach Angaben der Klägerin 20 % auf das Zugangsrecht und 80 % auf die übrigen Dienstleistungen entfielen.

Zwar ist die Überlassung des Fußballstadions an sich steuerbefreit (Vermietung eines Grundstücks). Wenn aber neben der „Vermietung“ noch andere steuerpflichtige Dienstleistungen erbracht werden, sei laut EuGH zu prüfen, ob diese steuerpflichtigen Leistungen überwiegen und der Gesamtleistung das Gepräge gäben.

Im entschiedenen Fall habe die Steuerpflichtige neben der Platzüberlassung noch umfangreiche andere Dienstleistungen erbracht. Hier seien insbesondere der Unterhalt, die Reinigung, die Wartung und die ordnungsgemäße Bereitstellung der Sportanlage zu nennen. Der Umstand, dass auf diese Leistungen 80 % der vertraglich vorgesehenen Vergütung entfielen, spreche ebenfalls dafür, keine Vermietung sondern eine einheitliche Dienstleistung anzunehmen.

3.2. Verpachtung von Einrichtungsgegenständen eines Seniorenwohnheims

Das Niedersächsische FG ist in einem – nicht rechtskräftigen – Urteil vom 13.02.2014 der Auffassung, dass die Umsätze aus der Vermietung des beweglichen Inventars eines Seniorenwohnheims als Nebenleistung wie auch die Vermietung des Gebäudes selbst nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a) UStG steuerfrei sind.

3.3. Umsatzsteuerbefreiung für Privatkliniken

Nach den Regelungen des deutschen Umsatzsteuergesetzes sind Behandlungen von Privatkliniken nur steuerfrei, wenn es sich um eine Hochschulklinik, ein in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenes Krankenhaus oder um ein Krankenhaus handelt, das über einen Versorgungsvertrag mit den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen verfügt. Der BFH hält in einem Urteil vom 23.10.2014 diesen faktischen Bedarfsvorbehalt für unionswidrig. Er entschied, dass die Steuerbefreiung nicht von der sozialversicherungsrechtlichen Zulassung der Klinik abhängen dürfe. Der Krankenhausbetreiber könne sich direkt auf das für ihn günstigere Unionsrecht berufen.

Hinweis:

Die Steuerfreiheit nach Unionsrecht gibt dem Unternehmer lediglich die Möglichkeit, sich auf die Befreiung zu berufen. Er ist jedoch nicht dazu gezwungen. Mit der Steuerbefreiung einher geht die Versagung des Vorsteuerabzugs. Erweist sich für das Krankenhaus – z.B. wenn in größerem Umfang Investitionen durchgeführt wurden – der Vorsteuerabzug als die günstigere Lösung, wird es sich empfehlen, von der Berufung auf das Unionsrecht abzusehen und es bei der nationalen Besteuerung zu belassen.

3.4. Schönheitsoperationen sind nicht steuerbefreit

Ästhetische Operationen und ästhetische Behandlungen sind nach der EuGH-Rechtsprechung nur dann als Heilbehandlung steuerbefreit, wenn sie dazu dienen, Personen zu behandeln oder zu heilen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist.

Im Bereich der ästhetisch-chirurgischen Maßnahmen kommt es daher auf eine Einzelprüfung an. Diese ist nach zwei BFH-Urteilen vom 04.12.2014 unter größtmöglicher Wahrung des zwischen Arzt und Patient bestehenden Vertrauensverhältnisses auf der Grundlage anonymisierter Patientenunterlagen vorzunehmen.

Hinweis:

Da das Sachverständigengutachten auf der Grundlage anonymisierter Patientenunterlagen vorzunehmen ist, bedarf es keine Einwilligung des Patienten nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB (unbefugte Geheimnisoffenbarung).

Der BFH stellt klar, dass den Steuerpflichtigen (Klinik oder Arzt) Mitwirkungspflichten treffen. Dieser habe insbesondere – auf anonymisierter Grundlage – detaillierte Angaben zu dem jeweiligen Behandlungsfall und den verfolgten therapeutischen Zielen zu machen.

Hinweis:

Als steuerpflichtig werden nach einer Verfügung der OFD Frankfurt vom 07.02.2013 folgende Leistungen angesehen, sofern sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht:

  • Fettabsaugen,
  • Faltenbehandlung,
  • Brustvergrößerung,
  • Brustverkleinerung,
  • Lifting,
  • Nasenkorrekturen
  • Hautverjüngung (Lasertherapie),
  • Lippenaufspritzung,
  • Botox-Behandlung,
  • Permanent-Make-up,
  • Anti-Aging-Behandlung,
  • Bleaching (Bleichen der Zähne) und
  • Dentalkosmetik.

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