Aktuelles
Sonderrundschreiben
Veröffentlicht am 07.07.2016
5. Umsatzsteuer
5.1. Verpachtung von Einrichtungsgegenständen eines Seniorenwohnheims
(Anschluss an Punkt 3.2. unseres Sonder-Rundschreiben Nr. 1/2015)
Der BFH hat sich mit Urteil vom 11.11.2015 der Auffassung des Niedersächsischen FG angeschlossen, wonach sowohl die Umsätze aus der – auf Dauer angelegten – Vermietung des beweglichen Inventars eines Seniorenwohnheims als Nebenleistung als auch die Vermietung des Gebäudes selbst nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a) UStG steuerfrei sind und die Revision der Finanzverwaltung in dieser Sache zurückgewiesen.
5.2. Medizinische Versorgung in Alten- und Pflegeheimen ggf. künftig komplett steuerfrei
Bisher ist es bei der ärztlichen Versorgung in Pflege- und Altenheimen so, dass nur die tatsächlich erbrachte Heilbehandlung von der Umsatzsteuer befreit ist. Leistungen, die nicht zu einer konkreten Heilbehandlung führen wie Visiten, Rufbereitschaft oder die Koordinierung des ärztlichen Therapieplans, werden separat mit dem jeweiligen Pflegeheim abgerechnet und sind umsatzsteuerpflichtig.
Künftig sollen nach einer Pressemitteilung des FinMin NRW vom 17.07.2015 auch ärztliche Leistungen, die über die eigentliche Heilbehandlung hinausgehen und im Rahmen eines Strukturvertrages erfolgen, regelmäßig von der Umsatzsteuer befreit sein.
Diese Neuregelung tritt aber erst in Kraft, wenn das BMF ein entsprechendes Schreiben zur Ergänzung der bisherigen Verwaltungsauffassung veröffentlicht. Dies ist leider bisher noch nicht geschehen.
5.3. Können Heilbehandlungen eines Facharztes für Laboratoriumsdiagnostik steuerfrei sein?
Die Leistungen eines nicht über eine eigene kassenärztliche Zulassung verfügenden Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik können auch dann steuerfreie Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 UStG darstellen, wenn kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient besteht. Das hat das FG Berlin-Brandenburg mit - nicht rechtskräftigem – Urteil vom 10.11.2015 entschieden.
Hinweis:
Das FG Hamburg hatte mit Urteil vom 23.10.2013 in einem ähnlichen Fall ebenfalls entschieden, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 14 Buchst. a UStG kein persönliches Vertrauensverhältnis erfordere. Die hier eingelegte Revision wurde mit Beschluss vom 20.05.2015 als unzulässig zurückgewiesen, so dass hier noch eine höchstrichterliche Entscheidung in der Sache aussteht.
5.4. Umsatzsteuer auf Leistungen im Rahmen der Flüchtlingshilfe
Im Hinblick auf die durch den Zustrom von Flüchtlingen hervorgerufene besondere und akute Situation hinsichtlich der Leistungen, die von Einrichtungen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, im Rahmen der Flüchtlingshilfe erbracht werden, hat das BMF mit Schreiben vom 09.02.2016 folgende ergänzende Billigkeitsmaßnahmen verabschiedet:
- Beteiligt sich eine steuerbegünstigte Körperschaft vorübergehend an der Unterbringung, Betreuung, Versorgung oder Verpflegung von Bürgerkriegsflüchtlingen oder Asylbewerbern und erhält diese Körperschaft dafür Entgelte aus öffentlichen Kassen oder von anderen steuerbegünstigten Körperschaften, wird es nicht beanstandet, wenn diese Einnahmen dem Zweckbetrieb zugeordnet werden.
- Es wird nicht beanstandet, dass umsatzsteuerliche Vorschriften, die auf vergleichbare Leistungen der jeweiligen Einrichtung an andere Leistungsempfänger (z.B. Obdachlose) bereits aufgewendet werden, auch auf Leistungen dieser Einrichtung, die der Betreuung und Versorgung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern dienen, angewendet werden (z.B. Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18, 23, 24 bzw. 25 UStG oder Umsatzsteuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG), wenn Entgelte dafür aus öffentlichen Kassen oder von anderen steuerbegünstigten Körperschaften gezahlt werden.
Die gilt insbesondere im Hinblick auf die Anwendung des § 4 Nr. 18 UStG, auch wenn Flüchtlinge nicht ausdrücklich zu dem nach der Satzung etc. des Leistenden begünstigten Personenkreis gehören.
Unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG fallen demnach auch Personalgestellungsleistungen zwischen begünstigten Einrichtungen untereinander zum Zwecke der Flüchtlingshilfe sowie die Lieferung von Speisen und Getränken in Flüchtlingsunterkünften, sofern die Einrichtung bereits bisher steuerfreie Mahlzeitendienste erbringt. - Die umsatzsteuerliche Behandlung des Kostenersatzes durch Gebietskörperschaften an steuerbegünstigte Einrichtungen für den Bezug von Einrichtungsgegenständen und sonstigen Leistungen (z.B. Renovierung von Wohnungen) ist von der konkreten Ausgestaltung des Sachverhalts abhängig:
– Erfolgt diese im Rahmen eines Gesamtvertrags z.B. über die Errichtung und den Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft, fallen diese Leistungen aus Billigkeitsgründen insgesamt bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG.
– Bei Vorliegen einer konkreten Lieferung - z.B. von Möbeln unabhängig von einem Gesamtbetreibervertrag - unterliegt diese aber weiterhin nach § 1 Abs. 1 Nr.1 UStG grundsätzlich der Umsatzsteuer. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr.18 UStG scheidet insoweit aus. In diesen Fällen kann unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in Betracht kommen.
Die Billigkeitsregelungen sind in den Veranlagungszeiträumen 2014 bis 2018 anzuwenden.
Beruft sich der leistende Unternehmer auf die im Billigkeitsweg zu gewährende Steuerbefreiung, hat dies für alle gleichartigen Leistungen einheitlich zu erfolgen. Für damit im Zusammenhang stehende Einrichtungen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 UStG systembedingt ausgeschlossen.
5.5. Umsatzsteuerliche Behandlung von selbständigen Studienleitern
Das bayerische Landesamt für Steuern hat in einer Verfügung vom 19.02.2016 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Studienleitern wie folgt Stellung genommen:
Als Studienleiter einer Schule ist man mit organisatorischen und administrativen Aufgaben betraut, wie z.B. der Erstellung des Lehrplans, der Betreuung von Schülern bzw. Studenten, dem Abhalten von Informationsveranstaltungen oder dem Ausführen von Hilfsarbeiten für das Lehrpersonal. Diese Leistungen sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.
Wurde einer privaten Schule oder einer anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtung von der zuständigen Landesbehörde eine entsprechende Bescheinigung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) UStG ausgestellt, gilt diese nicht auch mittelbar für den Studienleiter, da dieser nicht selbst die Schule oder die Einrichtung darstellt, sondern lediglich ein vertraglich gebundener Teil der Organisation der Schule oder der Einrichtung ist.
Erbringt der Studienleiter auch Unterrichtsleistungen, so sind beide Leistungen umsatzsteuerlich getrennt voneinander zu betrachten.
Die Umsätze aus der Studienleitertätigkeit können im Einzelfall so gering sein, dass die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG erfüllt sind.